Endlich haben wir mal wieder Internet, welches Datenübertragungen von mehr als WhatsApp-Nachrichten zulässt – also hier kommt etwas verspätet unser Amazonas Bericht:
Sauerstoff wo bist Du?
Nach einigen Erkundungstouren durch Quito mussten wir feststellen, dass bei allem doch vorhandenen Naturbewusstsein in Ecuador (hier wird sogar fein säuberlich der Müll getrennt), eine Hauptstadt eben doch eine Hauptstadt bleibt. Zuhause beschäftigen wir uns mit Umweltplaketten und smarten Ladelösungen für Elektroautos. Auch nach langem Suchen haben wir aber keine E-Ladesäule gefunden, hier ist für den Uniper Vertrieb noch einiges zu holen 😉
Im Gegenteil, das was hier teilweise in der Hauptstadt noch aus den Bussen herauskommt mindert nicht nur die Atemluft sondern teilweise sogar noch die Sicht.
Da kam uns das Angebot unseres Hostel-Reisebüros Communitytravel gerade recht: 4 Tage Amazonas Erkundung (09.-12. Mai) mit Übernachtung in kleinen Hütten inmitten des Regenwaldes. Gute Möglichkeit die Sauerstofftanks für den Rest der Reise aufzufüllen.
Baum 1 Bus 0
Nach überstandener Roof-Top Party im Hostel hatten wir noch ein leichtes Schlafdefizit. Eigentlich optimal für eine 6 Stunden Nachtbusfahrt.
23:15 Uhr waren wir dann auch am Treffpunkt und konnten schon einmal unsere Reisegruppe für die nächsten Tage kennenlernen. Schotte, Amerikanerin, Holländer, Ecuadorianer, Deutsche, alles dabei. Als dann alles an Gepäck verstaut war, hätte es auch pünktlich losgehen können, wenn unser Busfahrer die Handbremse angezogen hätte. Man muss dazu sagen, dass das wichtigste hier in Quito neben der Hupe die Handbremse ist.
Er hatte den Kleinbus nur noch kurz verlassen um den Kofferraum zu checken und schon machte sich unser Bus ohne Fahrer, dafür aber mit kompletter Reisegruppe, auf den Weg zum 5m entfernten Baum. Zum Glück haben alle den kleinen Schrecken unverletzt überstanden, vom Bus einmal abgesehen. Stoßstange, Kühler und Frontscheibe hatten das Zeitliche gesegnet, sodass wir uns schon einmal mit Alternativszenarien fernab des Regenwaldes beschäftigt haben.
Nach unseren bisherigen Eindrücken des Landes konnten wir es uns nur schwerlich vorstellen, dass das Busunternehmen um 23:45 Uhr am Sonntag noch ein geeignetes Ersatzfahrzeug incl. Fahrer (dieser war auch sichtlich getroffen, wahrscheinlich auch aufgrund der Aussicht auf zukünftige Weiterbeschäftigung) bereitstellen kann.
Busfahrt am Limit
Manchmal wird man dann aber doch überrascht. Mit neuem, größerem Bus, neuem Fahrer und einer Stunde Verspätung machten wir uns dann aber doch auf den Weg Richtung Lago Agrio. Nach 6 Stunden Busfahrt und ausgeweitetem Schlafdefizit (soll mir mal einer zeigen, wie er bei 9% Steigung und Serpentinen schlafen kann) kamen wir dann bei unserem ersten Stopp an. Weitere 2,5 Stunden Wartezeit erhöhten die Laune der Reisegruppe zwar nicht, Instant-Kaffee am frühen Morgen konnte aber zumindest den ein oder anderen ruhig stellen.
Nach weiteren 2h Busfahrt und 2h auf dem Motorkanu waren wir dann endlich am Ziel angekommen.
Zeltlager vs. Guacamayo Eco Lodge
Die 2 stündige Bootsfahrt führte uns schon über einige Amazonaskanäle bis mitten in den Jungle, sodass wir einen ersten Eindruck von der atemberaubenden Natur bekommen konnten. Nach so viel Wildnis war durchaus die Frage, was wird uns in der Lodge erwarten oder vielmehr wer alles?
Rund 15 Jahre Zeltlagererfahrung im tiefsten Emsland lassen einen allerdings relativ entspannt auf das Ganze schauen. Eine Toilette über einem gegrabenen Loch, ein Wassertank oberhalb einer Regenrinne mit Wasserhähnen und Gaslampen für die optimale Ausleuchtung….so schlimm wird es wohl nicht werden, ansonsten würden 95% der Touristen direkt wieder umdrehen.
Was uns dann allerdings erwartet hat, war durchaus beeindruckend. Raucherpavillon, Bird-Watching-Tower, einzelne Hütten mit Doppelbett + Moskitonetz, geflieste !!! Nasszelle mit Dusche incl. warmen Wassers, Solarzellen für Handyladung von 8-18 Uhr. Handys konnte man dort aber nur zum Fotografieren nutzen, da es weder Internet- noch Telefonempfang im Amazonas gab. Zudem ein gemütliches Speiseareal für absolut gute Mahlzeiten (Ganz klar war uns allerdings nicht, wer den Anspruch an Frühstück, 3 Gänge Mittags- und 3 Gänge Abendmenü bei durchschnittlich 28 Grad aufgestellt hat).
Und das alles umgeben von Natur, Natur und Natur. Die Natur ist bis in den Speisesaal gekommen – wir hatten unseren eigenen kleinen Mitbewohner: eine Tarantel – die hat immer im Gebälk oder auf der Veranda gechillt.
Bei all der Natur darf man aber natürlich nicht vergessen, dass es sich hier trotzdem ein Stück weit um touristische Erschließung handelt. Es wird hier versucht, die Natur so wenig wie möglich zu belasten und die dort lebende Bevölkerung (unterschiedliche Stämme / Communitys) mit einzubeziehen. Dies führte uns dann auf einer Tagestour zu 2 Programmpunkten:
Ayahuasca-Schamanendrink
Der Schamane empfing unsere Gruppe mit seiner weißen Tunika und seinem traditionellen Kopfschmck abseits des Dorfes in seiner Hütte. Hier sind die Einflüsse des Dorfes und der Lärm nicht so stark, sodass er sich nach eigenen Aussagen besser auf seine Visionen fokussieren kann. Die Visionen selbst erlangt er nach der Einnahme von Ayahuasca, einem Getränk gewonnen aus Lianen. Hierdurch wird es Ihm möglich Krankheiten zu erkennen und Heilungsempfehlungen auszusprechen. Das Ganze wirkte doch insgesamt schon etwas skurril und nachdem Judith 10 Minuten durch wedeln mit Palmblättern und dazugehörigem Sprechgemurmel „gereinigt“ wurde, war uns schon klar, dass es sich um Touri-Entertainment handelt. Zumal er auch hinter nicht erklären konnte, was er gerade gesehen/gemacht hat (er hatte ja kein Ayahuasca trinken können). Wenn man dies auch als solches akzeptiert hat, sind die 4 $ pro Person dann auch ok.
Unser Guide hatte uns erklärt, dass der Kopfschmuck nur für Zeremonien etc. genommen wird, er die Tunika allerdings ganztägig trägt. Meine Seitenbemerkung, dass wir Ihn sicherlich in 15 Minuten in Levis über die Insel hüpfen sehen, hatten allerdings nur die Deutschen verstanden. Ich sollte allerdings nicht Recht behalten. Es war keine Levis sondern ein Lacoste Poloshirt….na, man kann sich ja auch mal irren.
Herstellung von Yucca-Brot
Der Besuch einer netten Dame im Dorf war dann allerdings realer. Kinder toben umher, kleine und große Hühner rennen in und um die Hütte. Insgesamt ein herzlicher Empfang.
Nach kurzer Einleitung durch den Guide fing sie auch gleich an uns in die große Kunst der Herstellung von Yucca-Brot einzuweihen.
Ausbuddeln von Yucca-Wurzeln, schälen, reiben, auspressen, fertig ist das Yucca-Mehl. Direkt auf eine heiße Platte auf der Feuerstelle und schon hat man eine Art Tortilla Brot welches nach Belieben mit Tomate, Thunfisch, Zwiebeln etc. gefüllt werden kann. Lecker und man hat das gute Gefühl hier das Geld auch an der passenden Stelle gelassen zu haben.
Tierwelt des Amazonas Regenwald
Hier ist der Weg wirklich bereits das Ziel. Schon bei der Anreise mit dem Boot konnten wir die ersten Kingfisher und eine kleine Anakonda sehen.
Der erste Programpunkt, eine Bootstour mit Schwimmen in der Dämmerung war schon der Hammer. Wir konnten einen pinken Süßwasserdelphin sehen, wobei hier nur die männlichen, geschlechtsreifen Delphine pink sind. Geschlechtsreife Männchen tragen pink, sowas kannten wir bislang eigentlich nur aus Köln, den Kommentar fanden unsere mitreisenden Kölner allerdings nicht so lustig, na was soll‘s.
Mitten in einer Lagune des Amazonas hatten wir dann die Chance ins Wasser zu springen und den durchaus beachtlichen Sonnenuntergang zu beobachten. Einfach schön. Das sieht man auch einfach mal über die Piranjas im Wasser und die diversen Stechmücken in der Luft hinweg.
Auf diversen anderen Bootstouren wurde die Artenvielfalt immer deutlicher:
Aras
Kapuziner Äffchen
Faultier
Amazonas Ratte (wobei diese einfach putzig aussah – siehe Beitragsbild)
Diverse Schmetterlinge
Beeindruckend hierbei waren aber vor allem die Augen des Guides, der seinen Job echt gut machte. „Stopp, Stopp, da waren Affen im Baum“.
Also ich für meinen Teil hatte zumindest einen Baum gefunden. Die Affen hätten uns wahrscheinlich erst bewerfen müssen, damit einer unserer Reisegruppe im Vorbeifahren etwas erkennt….na dafür war der Guide ja schließlich da.
Eine Abendliche Nachtwanderung hat uns dann auch noch einige nachtaktive Tier gebracht.
Spinnen, Heuschrecken, Opossum und nicht zu vergessen den Amazonas Kaiman. Beeindruckend.
Nach all diesen tierischen Begegnungen hieß es dann wieder Abschied nehmen vom Camp und Aufbruch zurück in die Zivilisation.
Wenn ihr Lust auf noch mehr Tiere und Regenwald habt, dann schaut doch einfach hier in den Länderfotos Ecuador – Amazonas vorbei.
Zurück in Quito verbringen wir dort noch 2 Tage bevor es auf die Galapagos Inseln geht.
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